Verzierungen Lochmuster, Ziernähte und die Liebe zum Detail

„Bescheidenheit ist eine Zier…“ sagt das Sprichwort, der Volksmund ergänzt: „…doch weiter kommt man ohne ihr“. Zum Glück haben beide Haltungen ausreichend Platz in der Welt der feinen Herrenschuhe gefunden. Völlig schmucklose, aber deswegen nicht minder ansehnliche Schuhe, zeugen genauso wie jene Modelle mit Flügelkappen, Lochmustern oder Ziernähten von der einzigartigen Eleganz zeitlos klassischer Herrenschuhe.

Abstufungen

Zahlreiche Abstufungen und Variationen bieten für jeden Geschmack die passgenaue Ausführung. Ausgehend von den traditionellen Grundmodellen lassen sich weitere Verzierungen anbringen, die wiederum in ihrer speziellen Erscheinungsform zu legendären Klassikern unter den Herrenschuhen geworden sind.


Lochmusterreihen

Lochmusterreihen wie die oben abgebildete, auch Lyralochung genannt, stanzt der Schuhmacher mit einem Locheisen aus dem Leder. Im Abstand von 5 mm werden 3 mm große Löcher aneinandergereiht, die jeweils wiederum von zwei 1 mm großen Lochungen unterbrochen werden.


Lochmuster auf der Vorderkappe

Die Lochmuster auf der Vorderkappe gibt es in verschiedenen Ausführungen, ebenso viele Namen lassen sich zu dieser Verzierung finden. Manche sprechen von Sternmuster, Rosette, Bout fleurie, Rankenmuster und manchem mehr.


Stichwort „Brogue“ – Die Lochmuster – Verzierung und Variation

Als „Brogues“ bezeichnet man Schuhe, die mit Lochverzierungen versehen wurden, ganz gleich welches Schuhmodell zugrunde liegt. Das Wort „Brogue“ stammt vom gälischen Wort „bróg“ ab, das schlicht und einfach „Schuh“ bedeutet. Diese Lochmuster nennt man auch „Schottische Lochung“ , da die schottischen und irischen Hirten früherer Zeiten die Vorder- und Seitenteile ihrer Schuhe lochten. Diese Perforationen dienten dazu, eingedrungenes Wasser wieder ablaufen und Feuchtigkeit schneller trocknen zu lassen, wenn man gerade z. B. sumpfigen Untergrund überquert hatte.

Ausgehend vom Schuh der einfachen Landbevölkerung erlebten Brogues in der folgenden Zeit einen rasanten Aufstieg. Förster und Wildhüter entdeckten diese Schuhe für sich und auch die Adligen, die mit diesen zusammen auf die Jagd gingen, sollten schließlich auf den Geschmack kommen. Je höher die Schuhe gesellschaftlich nach oben gelangten, desto feiner wurde das Leder , und die ursprüngliche Funktion des Ablaufs und der Trocknung wurde zu einem nicht mehr durchgelochten, aufgesetzten und damit rein dekorativen Element , wie wir es heute kennen.

Um die Jahrhundertwende sah man Fullbrogue-Schuhe als Sportschuhe an, die beispielsweise auf dem Golfplatz getragen wurden. Die Begeisterung des Prinzen von Wales in den 1930er Jahren, der als europaweiter Maßstab in Sachen Eleganz galt, verhalf dem Fullbrogue-Schuh dazu, zu gesellschaftlichen Anlässen salonfähig zu werden.

Heute sind Brogues in so gut wie allen Bereichen voll akzeptiert und angemessen. Halfbrogues lassen sich gut zum Geschäftsanzug tragen, Fullbrogues und insbesondere Longwings sollten wegen ihres eher sportlichen Charakters lieber zu Freizeitkleidung getragen werden. Die genannten Begriffe werden im Folgenden erklärt.


Plain

Natürlich gibt es auch Modelle, die ganz auf Verzierungen verzichten. Diese tragen keine Vorderkappe, Lochmuster, Handnähte oder andere Zierelemente. Wer es lieber schlicht mag, dürfte mit einem Schuh in der glatten Ausführung zufrieden sein, auch „Plain“ genannt.


Captoe

Ein Captoe unterscheidet sich vom Plain durch eine aufgesetzte Quer- bzw. Vorderkappe oder durch eine Naht die den Vorderbereich vom Rest des Schuhs absetzt. Bei manchen Modellen kann die Lederfarbe vorne variieren. Auf Lochmuster wird beim Captoe ebenso wie beim Plain verzichtet.


Quarterbrogue

Im Gegensatz zum Captoe, der ohne Lochmuster auskommt, besitzt der Quarterbrogue eine Lyralochung entlang der Vorderkappennaht. Eine schlichte Verzierung für alle, die feine Akzente bevorzugen und einen gelungenen Kompromiss zwischen Zierelementen und Schlichtheit zu schätzen wissen, einfach stilsicher und elegant.


Halfbrogue

Der Halfbrogue oder Semibrogue besitzt eine gerade aufgesetzte Vorderkappe, die sowohl an ihrer zur Schnürung gerichteten Kante mit einer Lyralochung als auch auf dem vorderen Bereich mit einem Sternmuster versehen wurde. Dieses Modell kann wegen seiner eleganten Zurückhaltung und Zeitlosigkeit auch für alle formellen Anlässe vorbehaltlos empfohlen werden.


Fullbrogue

Anstelle der geraden Vorderkappe beim Halfbrogue besitzt der Fullbrogue eine herzförmige Flügelkappe, die bis an die Schaftseiten reicht. An den Kanten befindet sich ebenfalls ein Lochmuster sowie eine Lyralochung im vorderen Bereich. Der Fullbrogue gehört durch seine Bodenständigkeit sicher zu den bekanntesten und beliebtesten Modellen. Prominentester Vertreter des Fullbrogues ist sicherlich der Budapester.


Longwing

Den Longwing könnte man durchaus als Sportwagen unter den Herrenschuhen bezeichnen. Durch seine Flügelkappe, deren Flügelspitzen wie Spoiler bis zur Fersennaht reichen, gewinnt er ein durch und durch dynamisches Aussehen, das durch die Lyralochung sowie ein Vorderkappenmuster ergänzt wird. Mit seiner gekonnten Verbindung aus Tradition und Sportlichkeit ist der Longwing genau das Richtige für den eher lässigen Auftritt.


Norweger

Eine besondere Art der Verzierung bietet das Modell Norweger. Von den Arbeitsschuhen norwegischer Fischer entlehnt, befindet sich auf dem Fußrücken ein Blatteinsatz. Der hierdurch entstehende Rand wird von der charakteristischen, senkrechten Steppnaht an der Fußspitze begleitet. Je nach Ausführungsart, fein oder rustikal, eignet sich der Norweger zum Ausgehen, aber lässt sich auch im Geschäftsleben tragen.


Plain Wingtip

Ein Plain Wingtip besitzt eine Flügelkappe wie ein Fullbrogue, allerdings wurde in diesem Fall auf sämtliche Lochmuster verzichtet. Die geschwungene Linienführung sorgt für dynamische Eleganz, das überraschende Fehlen der vertrauten Muster hingegen verleiht ihm einen minimalistischen, modernen und innovativen Charakter. Für den Gentleman, der einen sportlichen und gleichzeitig formvollendeten Schuh zu schätzen weiß.


Handnaht

Wo sonst die Nähmaschine zum Einsatz kommt, ist die Handnaht ein ganz besonderes Stück Luxus, denn der Schuhmacher näht diese Stich für Stich von Hand. Dieses aufwändige Verfahren versieht den Schuh mit einem exquisiten Zierelement und kann, wenn die Naht etwas gröber ausgeführt wird, den Charme des Handgefertigten nochmals unterstreichen. Eine feine Nuance, die diskret auf die Exklusivität der Schuhe aufmerksam macht.


Umbugnaht

Mit der Technik des Umbugens werden auf raffinierte Weise Nähte und Lederränder zum dekorativen Element des Schuhs. Die nach innen eingeschlagenen Enden des Oberleders werden so vernäht, dass auf der Oberseite des Schuhs nur die Unterseite der Naht sichtbar wird. Schlägt man diese noch einmal um (s. o.), werden die Nähte komplett kaschiert und eine Vorderkappe entsteht, die scheinbar unvernäht auf dem Oberleder aufsitzt.


Kombination

Selbstverständlich können bei der Anfertigung eines Schuhs verschiedene Lederarten und Lederfarben verwendet werden, was zu interessanten und innovativen Kombinationen führen kann. So lassen sich beispielsweise sowohl Glatt- als auch Rauleder einsetzen, oder Hell-Dunkel-Kontraste werden durch entsprechende Flügelkappen gebildet.


Hinterkappe

Nicht jeder Schuh besitzt eine Fersen- oder Hinterkappe. Wo sie aber angebracht wird, erfüllt sie zwei Funktionen: zum einen dient sie zu dekorativen Zwecken und kann in der Gesamtgestaltung des Schuhs mit dem vorderen Bereich angenehm harmonieren, zum anderen trägt sie zur Stabilität des Schuhaufbaus bei, denn sie verstärkt den Schaft im Fersenbereich deutlich.